Teilgenommen haben:
Edith – OP-Schwester;
Kontaktperson OP
Nils - Bioingenieur; Ausbilder
Aufgrund unserer Erfahrungen in den letzten Jahren hatten wir gleich mehrere mögliche Aufgaben nach Sierra Leone mitgebracht
und wollten erst vor Ort entscheiden, welche Ziele wir tatsächlich verfolgen. So hatten wir ein neues Nährmedium (Mac Conkey
Agar; ein Nährmedium, auf dem nur ganz spezielle Erreger wachsen, so dass die Diagnose leichter fällt) im Gepäck, die Tornetze
des TSV Assling, die Aufgabe der Orthopäden ein bestimmtes Krankenhaus im Südosten des Landes aufzusuchen und außerdem
sollte im Lager mal eine ausführliche Inventur durchgeführt werden, um abzuschätzen, welche Materialien im Labor noch benötigt
werden und welche zur Genüge vorhanden sind.
In Lunsar angekommen stellten wir sogleich fest, dass eine mikrobiologische Arbeit zur Zeit nicht möglich ist. Das Labor wird
gerade von Grund auf umgebaut (dies übernimmt eine große spanische Organisation namens "PROBITAS") und im momentanen
Hilfslabor steht kein fließend Wasser zur Verfügung – eine mikrobiologische Arbeit erschien uns vor diesem Hintergrund viel zu
risikoreich.
Einem glücklichen Zufall war es zu verdanken, dass von PROBITAS der leitende Ingenieur vor Ort war. Dieser hat uns auch
detaillierte Pläne des neuen Labors überreicht. Der Gebäudekomplex wird vollständig entkernt – nur die Außenmauern und das
Dach bleiben erhalten. Das bislang "offene" Labor wird unterteilt in mehrere Räume, welche voneinander hermetisch abgeriegelt
werden können (Biosafe Level 2). PROBITAS richtet GLOBOLAB zwei eigene Räume her; ein Raum ausschließlich für die
Tuberkulose-Diagnose und ein zusätzlicher Raum für die andere Mikrobiologie. Insgesamt ist die Zusammenarbeit mit PROBITAS
außergewöhnlich fruchtbar. PROBITAS selbst arbeitet nicht
mikrobiologisch und hat selbst starkes Interesse daran,
Überlappungen mit GLOBOLAB zu vermeiden.
Die Tore wurden gleich in den ersten Tagen aufgebaut – die Jungs
waren ganz aus dem Häuschen. Es gibt in ganz Lunsar weniger als
eine Handvoll Fußballplätze mit "echten" Tornetzen.
In der Mitte der Woche waren wir dann in dem besagten Krankenhaus
in Serabu. Eine Klinik "mitten im Busch" und es stellte sich heraus,
dass dieses Krankenhaus für "unsere" Orthopäden nicht geeignet ist,
obwohl ständig mindestens ein deutscher Arzt vor Ort ist. Die
technische Ausrüstung dieser Klinik und die Lage sowie die Zufahrt
dorthin macht ein orthopädisches Operieren wenig sinnvoll. Sehr
schön jedoch war es, das vorhandene Labor zu sichten. Es ist
sauberer als so mancher Operationssaal und die Mikroskope werden
täglich gereinigt und abgedeckt. Er ist der einzige ausgebildete
Labortechniker in Serabu, sein von ihm "nur" angelernter Assistent
jedoch arbeitet genauso gut wie alle unsere ausgebildeten
Labortechniker in Lunsar.
Unsere Rückreise verlief – wie fast immer – über die Klinik in Lungi, ein Krankenhaus in der Nähe vom Flughafen, welches auch zu
dem Orden in Lunsar gehört. Beide Häuser gehören also zusammen, wobei das "Krankenhaus" in Lungi wesentlich kleiner ist – hier
wird auch nicht operiert, es gibt keine Stationen, Patienten werden nur ambulant versorgt. Diese kleine Klinik verfügt auch über
ein Labor, welches von Brother Bernard (einem Mikrobiologen) geleitet wird. Mikrobiologie wird dort aber nicht praktiziert. In
diesem Labor steht nur ein Mikroskop zur Verfügung und dieses in einem solch schlechten Zustand, dass ein mitteleuropäischer
Gymnasiast der 7. Klasse damit nicht arbeiten würde. Um dieses Labor mit zwei bis drei brauchbaren Mikroskopen auszustatten
wurde Kontakt aufgenommen mit verschiedenen Mitgliedern eines Mikroskopie-Forums und es ist uns gelungen, drei bis vier gute
Mikroskope als Spende zu erhalten. So dass wir sogar noch ein bis zwei in Reserve hätten.
Neue Aufgabe: Tuberkulose (TBC)
In Sierra Leone gibt es kein Krankensystem, alle Patienten bezahlen ihre Rechnung privat. Es gibt nur wenige Ausnahmen wie
beispielsweise die Kinder an “unserer” Klinik in Lunsar, die hier kostenlos behandelt werden.
Es gibt aber verschiedene "Regierungsprogramme", wie beispielsweise das für die HIV-Therapie. Ein weiteres
"Regierungsprogramm" umfasst die Diagnose und Therapie von Tuberkulose. TBC - die "vergessene Krankheit" - ist bis heute
immer noch die Infektionskrankheit mit den meisten Toten pro Jahr auf der Welt (knapp 1,5 Millionen Tote weltweit pro Jahr) und
das, obwohl nur bei unter 10% aller Infizierten die Krankheit überhaupt ausbricht. TBC ist leider hochinfektiös; man hat
nachgewiesen, dass einige wenige Bakterien (!) schon zu einer Infektion führen können.
Das "TBC-Regierungsprogramm" in Sierra Leone hat allerdings einen entscheidenden Haken: Die (übrigens sehr speziellen)
Antibiotika gegen TBC stehen zwar in der Regel in ausreichender Menge zur Verfügung, den infizierten Patienten jedoch werden
diese Medikamente erst dann ausgehändigt, wenn ein namentlicher positiver TBC-Test vorliegt und hier liegt das Problem. Die
TBC-Tests werden in Form von mikroskopischen Sputum-Tests durchgeführt; der Auswurf eines Patienten wird auf einen
(speziellen) Objektträger aufgebracht und auf eine bestimmte Weise angefärbt (Ziehl-Neelsen Färbung). Der Nachweis erfolgt
dann mikroskopisch. Diese Testmaterialien, Objektträger, zwei Färbemittel und ein Entfärbemittel stehen nicht in ausreichender
Menge zur Verfügung. Die Folge ist, dass Unmengen TBC-erkrankter Menschen keine Therapie erfahren, nicht weil keine
Medikamente da wären, sondern weil sie nicht getestet werden können.
Die Klinikleitung (Brother Peter), der TBC-Beauftragte und wir kamen überein, dass GLOBOLAB das komplette TBC-Screening für
Lunsar übernimmt. Pro Jahr werden wir also Testmaterialien für ca. 1000 Patienten nach Lunsar schicken, ein Vorgang, der mit
Kosten von maximal EUR 800,- verbunden ist. Es werden aber im Zweifelsfall nur so viele Tests durchgeführt wie auch
Medikamente zur Verfügung stehen. GLOBOLAB ist also ab sofort "offizieller TBC-Partner" im Bereich Lunsar.
...auf dem Weg in den Busch nach Serabu.
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